Das Hirn trinkt mit – Warum einem teure Getränke besser schmecken.
Ein Liter Bier ist ein Liter Bier. Das ist richtig. Aber nicht ganz. Im Supermarkt ist er für rund zwei Euro zu haben. Knapp elf Euro kostet der Liter auf dem Oktoberfest. Der Preis wird geschluckt. Denn eine Maß auf der Wiesn – das ist mehr als nur ein Bier. Das ist ein Liter Lebensgefühl. Und sollte man die Maß eines Tages für zwölf Euro verkaufen, wäre das Maß noch lange nicht voll. Oans, zwoa, g´suffa! Sagt der Bayer.
Nicht der Alkohol betäubt dabei die Sparsamkeit. Das ventrale Striatum ist schuld. Und das Frontalhirn. Während letzteres am Preisvergleich beteiligt ist (oh, ist das teuer), steuert der andere Teil des Großhirns das Belohnungssystem. Wir gönnen uns etwas. Haben Spaß dabei. Und glauben fest daran: Was viel kostet, muss einfach gut sein.
Wissenschaftler der Universität Bonn haben einen Namen für diesen (Selbst-)Betrug. Sie nennen ihn den Marketing-Placebo-Effekt. Und so haben sie diesen festgestellt: In einem Kernspintomographen gab es eine Weinverkostung. 15 Männer und 15 Frauen bekamen jeweils einen Milliliter durch einen Schlauch zu trinken. Dazu wurde der Preis pro Flasche eingeblendet. Per Knopfdruck gaben die Probanden auf einer Skala an, wie gut ihnen der Wein schmeckte. Je höher der Preis, desto mehr schnalzte die Zunge. Erst drei Euro. Mmh … Dann sechs. Mmmh … Dann 18. Mmmmmmmmh! Dabei nahmen die Bonner Forscher die Hirnaktivität unter die Lupe. Die Ernüchterung hoben sie sich bis zum Schluss auf: Der Wein war stets derselbe. Fazit dieser Gaumengaukelei: Das Hirn trinkt mit. Es manipuliert unseren Geschmackssinn.
Übrigens: Es gibt mehr Wein- als Biertrinker in Deutschland, wie eine Forsa-Umfrage nun ergab. Unter Männern jedoch bleibt Bier die erste Wahl. US-Forscher können indirekt auch das erklären: Frauen haben mehr Blut im Hirn als Männer. So ist jener Teil des weiblichen Gehirns stärker aktiv, den man den präfrontalen Kortex nennt. Und dort sitzt: die Intuition.

Artikel aus der FP E-Paper App, 16.08.2017
Mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Hammerschmidt
Chemnitzer Zeitung | | Seite 1